Denkanstösse für eine tragfähige Bankenregulierung in der Schweiz

Am 6. Juni 2025 hat der Bundesrat seine Vorschläge zur Weiterentwicklung der Too-big-to-fail-Regulierung veröffentlicht. Ziel ist es, Lehren aus der Credit-Suisse-Krise zu ziehen und die Stabilität des Finanzplatzes Schweiz langfristig zu sichern. Während die Entwürfe insgesamt in die richtige Richtung weisen, gehen die vorgesehenen Kapitalanforderungen im internationalen Vergleich sehr weit und könnten die Wettbewerbsfähigkeit von UBS und des gesamten Finanzplatzes beeinträchtigen.
Mit einer Reihe von Fachbeiträgen will Orbit36 zu einer sachlichen und faktenbasierten Diskussion aktueller Regulierungsthemen beitragen. Der vorliegende Beitrag fasst die zentralen Überlegungen zusammen; eine ausführliche Analyse mit weiteren Details steht am Ende dieses Artikels als Download zur Verfügung.
Lehren aus der Credit-Suisse-Krise
Die Krise der Credit Suisse im März 2023 war in erster Linie die Folge gravierender Managementfehler und eines unzureichenden Geschäftsmodells. Der daraus entstandene Vertrauensverlust führte zu einer akuten Liquiditätskrise. Ohne die von den Behörden vermittelte Fusion mit der UBS wäre die Bank zusammengebrochen – obwohl auf der Gruppenstufe ausreichend Eigenmittel vorhanden waren.
Kritisch hinterfragt wurde vom Markt die Kapitalausstattung im Stammhaus. Methodische Defizite und regulatorische Erleichterungen führten zu einer unzureichenden Kapitalqualität. Die Credit Suisse konnte Beteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften auf der Basis von Gewinnprognosen bewerten und dadurch im Stammhaus zusätzliche Eigenmittel ausweisen, die auf der Gruppenstufe nicht anrechenbar waren. Als die Gewinnprognosen ab 2019 laufend nach unten korrigiert werden mussten, führte dies zu erheblichen Wertberichtigungen von insgesamt über 50 Mrd. CHF. Die Eigenmittel des Stammhauses wurden dadurch stark reduziert. Das Eigenkapital der Gruppe war davon nicht betroffen.
Eine zentrale Lehre lautet daher: Ausländische Beteiligungen im Stammhaus sollten künftig konservativ zum Nettoinventarwert bewertet werden, sodass sie den tatsächlich vorhandenen Eigenmitteln der Tochtergesellschaften entsprechen.
Der Vorschlag des Bundesrats
Der Bundesrat empfiehlt, ausländische Beteiligungen im Stammhaus vollständig vom harten Kernkapital abzuziehen. Damit entfällt die Bewertungsfrage. Der Ansatz geht jedoch sehr weit: Er impliziert einen vollständigen Wertverlust der Auslandstöchter und berücksichtigt die dort vorhandenen Eigenmittel nicht. Da diese Gesellschaften reguliert sind und lokal Kapital halten müssen, ist ein Totalausfall selbst in einer schweren Krise kaum realistisch.
Die Behörden verweisen zudem auf das Risiko des sogenannten „Double Leverage“, also der teilweisen Fremdfinanzierung von Eigenmitteln der Tochtergesellschaften durch das Stammhaus. Dieses Risiko wird jedoch durch die Vorschriften auf der Gruppenstufe beschränkt. Ein nach Schweizer Vorschriften regulierter Bankkonzern kann insgesamt nie weniger Eigenmittel halten, als aufgrund der Kapitalanforderungen für die Gruppe erforderlich sind.
Ein alternativer Ansatz
Für die Abwicklung einer international tätigen Bank ist es entscheidend, dass im Stammhaus ausreichende Mittel verfügbar sind. Dies rechtfertigt eine Kapitalunterlegung der Auslandstöchter. Für ein Gone-Concern-Szenario – also die geordnete Abwicklung oder Sanierung – wären jedoch zusätzliche verlustabsorbierende Mittel wie Bail-in-Anleihen die sachgerechtere Lösung. Sie entsprechen internationalen Standards und sichern, dass auch im Fall ausländischer Ring-Fencing-Massnahmen genügend Mittel im Schweizer Stammhaus vorhanden sind.
Ein alternativer Ansatz könnte wie folgt aussehen:
- Basierend auf Stresstests: Ermittlung des maximalen Verlustpotenzials jeder Tochtergesellschaft.
- Im Stammhaus: Unterlegung des maximalen Verlustpotenzials der Tochtergesellschaften mit hartem Kernkapital. Der verbleibende Beteiligungswert wird mit Gone-Concern-Kapital abgedeckt, um eine Abwicklung oder Sanierung des Stammhauses gewährleisten zu können.
Auf diese Weise würden die Risiken vollständig erfasst, ohne die Kapitalanforderungen unnötig zu verschärfen.
Fazit
Die vollständige Unterlegung sämtlicher Auslandsbeteiligungen mit hartem Kernkapital setzt ein Szenario voraus, das wenig realistisch ist und über internationale Standards hinausgeht. Eine differenziertere Lösung, die Kernkapital für realistische Verlustszenarien vorsieht und im Abwicklungsfall zusätzlich Bail-in-Instrumente einbezieht, erscheint sachgerechter. Damit liesse sich die Abwicklungsfähigkeit international tätiger Banken sicherstellen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz unnötig zu beeinträchtigen.
Die ausführliche Analyse steht nachfolgend als Download zur Verfügung
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