Axpo – Was Politiker wissen sollten
Im Nachgang an die Gewährung eines 4 Milliarden-Kredites durch den Bund wird die Geschäftsstrategie der Axpo in der Politik rege und kontrovers diskutiert. Eine durch den Axpo-Verwaltungsrat in Auftrag gegebene Beurteilung durch PricewaterhouseCoopers (PwC) bestätigt der Axpo ein wirksames Risikomanagement. Die Eigentümerkantone haben jedoch an einer ausserordentlichen Generalversammlung im Dezember zusätzlich eine unabhängige Prüfung der Geschäftsführung beschlossen. Diese wird durch das Beratungsunternehmen Deloitte Schweiz durchgeführt und umfasst unter anderem die Themenbereiche Governance, Risikomanagement, Handelsaktivitäten im In- und Ausland sowie Liquidität.
Liquiditätsbedarf von über 10 Milliarden im August 2022
In diesem Artikel beleuchten wir einige wichtige Aspekte, die bereits jetzt bekannt sind, in der politischen und medialen Debatte jedoch oft zu kurz kommen.Die langfristige Absicherungsstrategie der Axpo verursachte im 3. Quartal 2022 einen enormen Liquiditätsbedarf. Aus dem Geschäftsbericht 2021/22 ist ersichtlich, dass die Axpo in der Periode vom 30. September 2020 bis 30. September 2022 Variation Margin Zahlungen von insgesamt 6.7 Mia. CHF leisten musste. Die Variation Margin ist auf offenen Derivate-Positionen geschuldet, wenn sich deren Marktwert zuungunsten der jeweiligen Partei verändert. Eine von Orbit36 durchgeführte Simulation zeigt, dass die Variation-Margin Zahlungen für die Absicherungsstrategie der Axpo auf dem Höhepunkt der Krise im August 2022 die Summe von 10 Mia. CHF überschritten haben dürften. In unserer Schätzung nicht eingeschlossen ist der Mittelbedarf für zusätzliche Sicherheitsleistungen an Gegenparteien (Initial Margin), die infolge der stark gestiegenen und äusserst volatilen Strompreise notwendig wurden.
Unsere Simulation erlaubt den Rückschluss, dass der hohe Liquiditätsbedarf der Axpo primär auf die Absicherungsstrategie für die zukünftige Stromproduktion und nicht auf die übrigen Handelsaktivitäten zurückzuführen ist. PwC kommt in ihrer Beurteilung zum Schluss, dass der Liquiditätsbedarf durch das internationale Kunden- und Handelsgeschäft «deutlich reduziert» wurde.
Hohe Bewertungsverluste auf Derivatepositionen
Wie bereits erwähnt, ist die Variation Margin für Marktwertveränderungen auf offenen Derivate-Positionen geschuldet. Es handelt sich bei den in der Bilanz der Axpo aufgeführten Variation Margin Forderungen von 6.7 Mia. CHF somit um unrealisierte Verluste aus Derivategeschäften, die den Gegenparteien in bar abgegolten werden mussten. Da die Absicherungsverluste später durch höhere Verkaufspreise für den durch die Axpo produzierten Strom ausgeglichen werden, müssen diese nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Die Verbuchung als sogenannte «Own use» Kontrakte gemäss einer Ausnahmeregelung in IFRS 9 erlaubt der Axpo die Aktivierung der angefallenen Verluste. Aus unserer Sicht ist diese Verbuchungspraxis legitim. Wir erachten jedoch die Bezeichnung von Variation Margin Zahlungen als «Sicherheitsleistungen an Gegenparteien» als beschönigend.
Abtrennung Handelsgeschäft löst Problem nicht
Viele Politiker sehen das Heil in der Abtrennung oder Separierung des umstrittenen internationalen Handelsgeschäftes der Axpo. Da die Absicherungsgeschäfte jedoch direkt mit der Stromproduktion zusammenhängen, müssen diese in der gleichen Rechtseinheit wie das Grundgeschäft getätigt werden. Es mag zwar durchaus Gründe für eine Separierung oder gar Aufgabe des Handelsgeschäftes der Axpo geben. Der durch die Absicherungsgeschäfte entstandene Liquiditätsengpass im Spätsommer 2022 hätte jedoch damit nicht verhindert werden können.
Verzicht auf Absicherungsgeschäfte führt zu neuen Risiken
Die Axpo hat ihre Absicherungsstrategie für die Schweizer Stromproduktion aufgrund der angespannten Liquiditätssituation im Januar 2022 gestoppt. Wir sehen diese kurzfristig sicherlich hilfreiche Entscheidung jedoch als zweischneidig. Sollten die Strompreise mittel- bis langfristig wieder sinken, kann die Axpo nur für eine kurze Zeit von den für sie als Produzentin eigentlich vorteilhaften hohen Strompreisen profitieren. Sollte der Strompreis gar wieder unter die Gestehungskosten fallen, so drohen der Axpo erneut Verluste. Eine Veränderung der Absicherungsstrategie der Axpo muss deshalb wohlüberlegt und mit einer langfristigen Perspektive erfolgen. Schlussendlich geht es darum, die Vorteile planbarer Erlöse, Gewinne und stabiler Dividendenzahlungen an die Eigentümer gegen die mit der Absicherungsstrategie verbundenen Liquiditätsrisiken abzuwägen.
Anpassungen am Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell der Axpo ist komplex. Allfällige Anpassungen müssen daher strategisch und aus einer gesamtheitlichen Sicht erfolgen. Kurzfristig vielversprechend erscheinende Massnahmen führen oft mittel- bis langfristig zu Problemen. Orbit36 kann Entscheidungsträger in der Politik und Management zeitnah und kompetent darin beraten, um sinnvolle Strategien auszuarbeiten.